Urbane Verdichtung

Große Potenziale bei der Bekämpfung von Wohnraummangel in den Städten bieten die unterschiedlichen Konzepte der Nachverdichtung. Das Schließen von Baulücken, die Umnutzung in die Jahre gekommener Bebauung oder das Aufstocken von Etagen schafft Wohnraum, wo er am dringendsten benötigt wird.

Als Gegenkonzept zum Bauen am Stadtrandgebiet werden bei der Nachverdichtung frei liegende Flächen im Bereich bereits bestehender Bebauungspläne genutzt. Dabei handelt es sich um Restgrundstücke oder Baulücken, die aufgrund ihrer Größe oder eines ungünstigen Zuschnitts schwer zu bebauen sind. Um sie zu erschließen, braucht es neue architektonische und städtebauliche Konzepte. Bauen in zweiter Reihe, Aufstockung, Umnutzung oder Andockung von Flächen sind ein wichtiger Teil des Wohnraumangebots in Städten.

Aufstockung

Um eine zusätzliche Versiegelung von Freiflächen möglichst gering zu halten, spielen Umnutzung und Aufstockung von Bestandsbauten eine zunehmend wichtige Rolle. Neben den genannten Aspekten gibt es wirtschaftliche Gründe, die für eine bessere Ausnutzung der vorhandenen Wohn-, Büro- und Gewerbebauten oder aber brachliegender Industriegebäude sprechen. Beispiele dafür gibt es bereits zahlreiche, und der Prozess ist lange nicht abgeschlossen – ganz im Gegenteil bergen die fortschreitenden Möglichkeiten der Vorfertigung ein enormes, bei weitem nicht ausgeschöpftes Potenzial.

 

Holz ist prädestiniert für Aufstockungen

Aufgrund des günstigen Verhältnisses von Eigengewicht zu Tragvermögen eignet sich der Baustoff Holz wie kaum ein anderer für die Aufstockung und Erweiterung im Bestand. Denn insbesondere die Statik ist entscheidend, ob ein Gebäude dafür geeignet ist. Viele Altbauten weisen grundsätzlich die notwendigen statischen Reserven auf – eine genaue Prüfung der Statik ist aber in jedem Fall unerlässlich.

Die Ertüchtigung der obersten Geschossdecke ist häufig eine recht einfache Möglichkeit, um die erforderliche Tragfähigkeit zu gewährleisten. Ein hohes Maß an Vorfertigung der aufgesetzten Holzkonstruktion verkürzt nicht nur die Bauzeit, es reduziert auch die Einschränkungen bei der Nutzung eines Gebäudes während der Arbeiten, wenn diese bei laufendem Betrieb bzw. in bewohntem Zustand erfolgen soll.

Bauen in gewachsenen Quartieren

Hinzu kommt, dass die bereits vorhandene städtebauliche Infrastruktur genutzt werden kann. Dazu zählt zum einen die technische Infrastruktur, wie Straßen-, Strom-, Wasser und Telefonleitungen. Doch die soziale Komponente ist nicht weniger wichtig: Bei der Nachverdichtung entstehen keine typischen Neubaugebiete; gebaut wird in bereits gewachsenen Quartieren. Einkaufsmöglichkeiten, Arztpraxen und institutionelle Gebäude wie Schulen oder Kindergärten sind bereits vorhanden und müssen, im Gegensatz zur Planung neuer Quartiere, nicht besonders berücksichtigt werden. Außerdem können aufgrund der Nähe soziale und kulturelle Angebote genutzt werden.

Chancen für den Städtebau nutzen

Dass Nachverdichtung mehr als nur Mittel zum Zweck ist, beweist ein Blick auf die städtebauliche Entwicklung unserer Zeit. Eine pulsierende, belebte Stadt funktioniert nicht ohne Verdichtung. Nur so werden die Wege zur Arbeit, zu bestehenden Infrastrukturen und kulturellen Angeboten kurzgehalten. Die städtebauliche Qualität der gewachsenen, urbanen Räume wird jedoch oft aufgegeben. Straßenräume verlieren ihre Aufenthaltsqualitäten und Begegnungsflächen oder Grünflächen werden verkleinert und reduzieren ihren Beitrag zu guten wohnklimatischen Verhältnissen. Dabei kann Nachverdichtung für ein Quartier wie eine Verjüngung wirken: neue Bewohner, höhere Kaufkraft, Rückkehr der Nahversorgung. Durch die effiziente Nutzung von Ressourcen und Flächen wird zudem der Klimaschutz vorangetrieben.

Kostenvorteil

Nicht zu vernachlässigen ist der Kostenvorteil: Aufgrund ihrer ungünstigen Grundrisse sind Baulückengrundstücke oft billiger, da sie bisher niemand erwerben wollte. Da die Zahl der Einpersonenhaushalte jedoch nachweislich steigt, werden auch kleine Grundstücksgrößen immer attraktiver. Das Statistische Bundesamt prognostiziert bis 2035 einen Anstieg der Einpersonenhaushalte auf knapp 19 Mio. – das entspricht 44 Prozent aller deutschen Haushalte. Die Einbeziehung von bestehenden Brandwänden und Baumaterial spart dann noch einmal zusätzlich Kosten und vor allem Zeit.

Nachbarschaft bei der Planung berücksichtigen

Wer einen kreativen Planer hat, kann im Zuge der Nachverdichtung moderne und individuelle Architektur verwirklichen. Das Ergebnis sind oft schlanke Baukörper, reduzierte Details, vertikal geschnittene Räume sowie zeitgemäße Materialien und Konstruktionen. In der Nachbarschaft bewegt man sich jedoch oft auf schwierigem Terrain, da liebgewonnene Gewohnheiten der Anwohner Widerstände in ein Projekt bringen können – beispielsweise, wenn Parkgewohnheiten verändert werden müssen oder der Blick aus dem Küchenfenster ein anderer ist. Im schlimmsten Fall treiben die Widerstände die Baukosten leicht in die Höhe, ziehen die Bauzeit in die Länge und hemmen das Engagement von Bauträgern und Wohnungsbauunternehmen. Wichtig ist also, die Nachbarschaft mit einzubeziehen und bei der Planung zu berücksichtigen. Dabei gilt es den Neubau auch optisch in die bestehende Nachbarbebauung einzufügen.

Gestern Büro, heute attraktiver Wohnraum